Abgegrenzte Versorgungsgebiete, Monopole, keine Flexibilität im Strombezug – so sah der Strommarkt in Deutschland Ende der 1990er noch aus. 1999 sollte das vorbei sein. Mit dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt kam die Liberalisierung des Strommarktes. Von diesem Zeitpunkt an betraten unterschiedlichste Akteure die Bildfläche des Energiesektors und setzten den Strommarkt ordentlich in Bewegung. Bis heute hat sich diese Dynamik kaum verändert. Grund genug, einmal einen genaueren Blick auf die Akteure und die Marktrollen in der Energiewirtschaft zu werfen.
Welche Akteure den Strommarkt aktuell beeinflussen, welche Marktrollen es in der Energiewirtschaft gibt und was diese eigentlich zu bedeuten haben, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Was sind überhaupt Marktrollen in der Energiewirtschaft? Eine Begriffsdefinition
Wie in jedem anderen Wirtschaftszweig gibt es auch in der Energiewirtschaft einen Wettbewerb. Dieser basiert auf der Grundannahme, dass jeder Marktteilnehmer am Energiemarkt teilhaben kann, ohne diskriminiert zu werden. Also einfach gesagt: Die Energiewirtschaft ist für alle gleichermaßen offen. Dabei hat jeder Marktteilnehmer seine eigene Funktion. Deswegen spricht man auch von der sogenannten Marktrolle in der Energiewirtschaft.
Auf diese Weise gibt es nicht mehr die monopolistische Energiewirtschaft, wie es früher der Fall war, sondern einen Energiesektor, der auf einem sicheren und reibungslos funktionierenden Informations- und Datenaustausch zwischen den einzelnen Marktteilnehmern basiert. Dazu gehört ebenso die klare Festlegung von Verantwortlichkeiten wie auch automatisierte und standardisierte Marktprozesse und Datenformate. Das alles zusammengefasst, ist die Marktkommunikation.
Das sind die fünf wichtigsten Akteure und ihre Rollen
Im Großen und Ganzen gesehen gibt es eine Menge Akteure, die sich in der Energiewirtschaft herumtreiben und dabei die unterschiedlichsten Rollen erfüllen. Manche von ihnen sind größer und spielen eine wichtigere Rolle, andere sind kleiner und besetzen eine dementsprechend kleinere Rolle. Welches die fünf wichtigsten Marktrollen in der Energiewirtschaft sind, zeigt die folgende Übersicht:
1. Die Stromproduzenten
Jeder, der Strom herstellt, ist ein Stromproduzent. Hierbei kann es sich sowohl um ein Unternehmen als auch um einzelne Personen handeln. Ob der Strom aus Wind-, Wasser- oder Solarkraft, Biomasse oder Geothermie, Kohle, Erdgas oder Öl stammt, ist an dieser Stelle unerheblich. Was zählt, ist das homogene Endprodukt – der Strom. Also anders gesagt: Wer Strom herstellt, erfüllt eine klar definierte Marktrolle in der Energiewirtschaft, nämlich die des Stromproduzenten.
Neben einer Unmenge an kleineren Stromproduzenten (dazu gehören zum Beispiel Betreiber von Biomasse-, Windkraft- oder PV-Anlagen) gibt es in Deutschland vier besonders große Erzeuger: RWE, E.On, Vattenfall und EnBW. Dazu kommt eine Vielzahl mittelgroßer Stromproduzenten, wie beispielweise regionale oder lokale Stadtwerke. Die „Big Four“ sowie die Stadtwerke nehmen als Marktrolle in der Energiewirtschaft meist die Funktion des Grundversorgers ein.
2. Die Stromversorger
Als Mittler zwischen Kunde, Stromproduzent und Stromnetz besetzen sie eine sehr wichtige Marktrolle in der Energiewirtschaft: die Stromversorger. Ihre Aufgabe ist es, sich um jedwede Kommunikationsprozesse zu kümmern, die nötig sind, damit der Strom die richtigen Verbrauchsstellen erreicht und abgerechnet werden kann. Wie viel Strom zu welchem Verbraucher gelangen soll und in welchen Mengen es den Strom zu beschaffen gilt, ist über organisierte Handelsplätze geregelt. Das können sowohl direkte Handelsgeschäfte zwischen den Geschäftspartnern als auch die Strombörse in Leipzig sein. Der Gestaltung der Produkte sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Von Viertelstunden über Stunden und bestimmte Monate bis hin zu Jahresmengen lässt sich Strom in verschiedensten Modellen kaufen. Die Rolle des Stromversorgers ist es in diesem Zusammenhang, genau die richtigen Strommengen zu beschaffen und dem Netzbetreiber täglich den prognostizierten Stromverbrauch zu melden.
3. Der Stromnetzbetreiber
Die Stromnetzbetreiber in Deutschland unterscheiden sich zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Verteilnetzbetreiber. Während erstere für die überregionale Verteilung des Stroms zuständig sind, kümmern sich letztere um die regionale Verteilung des Stroms. Damit sind beide Akteure dafür verantwortlich, eine solide Infrastruktur (inklusive der Stromzähler, über die jeder Stromverbraucher verfügen muss), stabile Netze und sichere Transportwege zu garantieren. Außerdem gehört es zu dieser Marktrolle in der Energiewirtschaft, dass die Übergabe des Stroms vom Hochspannungsnetz über das Mittelspannungsnetz in das Niederspannungsnetz der entsprechenden Haushalte reibungslos funktioniert.
4. Der Stromlieferant/Stromanbieter
Eine weitere Marktrolle in der Energiewirtschaft besetzen die Stromlieferanten bzw. die Stromanbieter. Sie sind dafür verantwortlich, dass der vom Endkunden bestellte Strom auch bei diesem ankommt. Entsprechende Verträge zwischen Lieferanten und Verbrauchern stellen dabei die Stromversorgung sicher. Damit liegt es auch in der Verantwortung der Stromlieferanten bzw. der Stromanbieter, den verbrauchten Strom mit dem Kunden abzurechnen. Welchen Preis der Strom hat, hängt dabei von verschiedenen Komponenten ab. Gesetzliche Steuern, Abgaben und Umlagen sowie Netzentgelte gehören hier zu den wichtigsten Faktoren.
5. Die Bilanzkreisverantwortlichen
In Deutschland gibt es viele verschiedene Bilanzkreise, also virtuelle Energiemengenkonten, die regelzonen- oder markspezifisch strukturiert sind. Diese zu organisieren, liegt in der Verantwortung der Bilanzkreisverantwortlichen, die ebenfalls eine wichtige Marktrolle in der Energiewirtschaft einnehmen. Ihre Aufgabe ist es, die virtuellen Energiemengenkonten ausgeglichen zu halten, um so den Strommarkt zu ordnen. Sämtliche dieser Prozesse bündeln sich im sogenannten Bilanzkreismanagement. Dessen Ziel ist es, Unter- und Überproduktionen in der Stromherstellung zu vermeiden. Die Funktion eines Bilanzkreisverantwortlichen können dabei zum Beispiel Energieversorger oder Energiehändler übernehmen. Sie stellen sicher, dass die Verbindung zwischen der virtuellen und der physischen Welt des Stromhandels reibungslos funktioniert und immer genau die Mengen an Strom verfügbar sind, die gebraucht werden.
Darum sind die verschiedenen Marktrollen in der Energiewirtschaft so wichtig
Was am Ende immer zählt, ist eine ausgeglichene, störfreie und zuverlässige Energieversorgung. Diese zu sichern, obliegt allen Akteuren der Energiebranche. Wie sich die Marktrollen in der Energiewirtschaft ganz konkret auf das Funktionieren des Strommarktes auswirken, erfahren Sie in unserem kommenden Beitrag.