Energie ist das Thema, in das aktuell wortwörtlich am meisten Energie gesteckt wird. Ob Politik oder Gesellschaft, Wirtschaft oder Privathaushalte, die Energieversorgung und die Sorge, in den Wintermonaten möglicherweise nicht genug Strom und Wärme zu haben, treibt alle um. Doch wie sieht der Energiemarkt wirklich aus? Was ist die aktuelle Situation? Und was können die Verbraucher in den kommenden Jahren erwarten?
Die Antworten auf diese und weitere Fragen, alles über die Aufgaben des Energiemarkts sowie die wichtigsten Fakten über den Zusammenhang von Energiemarkt und Energiewende, lesen Sie in diesem Artikel.
Der Energiemarkt im Wandel der Zeit
Generell gründet alles Handeln auf dem Energiemarkt auf der Annahme, dass dieser für jeden Marktteilnehmer geöffnet ist. Das bedeutet, dass der Energiemarkt genau wie jeder andere Wirtschaftsbereich dem freien Wettbewerb unterliegt und damit jedem Marktteilnehmer auf die gleiche Weise offen steht.
So sieht es zumindest seit dem Jahr 1999 für den Strommarkt aus. Denn damals trat die Liberalisierung des Strommarkts in Kraft. Zuvor stand der Energiemarkt für abgegrenzte Versorgungsgebiete, keine Flexibilität im Strombezug und monopolistische Strukturen. Erst kurz vor der Jahrtausendwende leitete der damalige Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt die Liberalisierung und damit die Öffnung des Strommarkts für alle Akteure in die Wege. Der Gasmarkt folgte im Jahr 2004.
Wer mischt mit? Der Energiemarkt und seine Akteure
Während der Energiemarkt bis zu seiner Liberalisierung ein Monopol hatte, ist er seit seiner Öffnung für eine Vielzahl von Akteuren zugänglich, die alle unterschiedlichste Aufgaben erfüllen, die ebenso unterschiedliche Auswirkungen auf den Energiemarkt haben – im nachfolgenden als Beispiel anhand des Strommarkts:
- Stromproduzenten: Jeder, der Energie in Form von Strom herstellt, gehört zur Gruppe der Stromproduzenten – ganz gleich, ob Unternehmen oder Einzelperson. Ob sie diese Energie aus fossilen oder erneuerbaren Quellen produzieren, spielt dabei keine Rolle. Was zählt, ist, dass am Ende Strom als homogenes Endprodukt entsteht. Tonangebend auf dem deutschen Energiemarkt sind dabei die sogenannten „Großen Vier“, zu denen RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW zählen.
- Stromversorger: Zu den Stromversorgern gehören alle Institutionen, die sich darum kümmern, genau die richtige Menge an Strom für den richtigen Verbraucher zu beschaffen. Die Beschaffung der Strommengen erfolgt über organisierte Handelsplätze wie die Strombörse in Leipzig oder durch direkte Handelsgeschäfte zwischen Geschäftspartnern. Die Versorger managen auch sämtliche Kommunikationsprozesse, die dafür erforderlich sind. Oftmals nehmen hierbei auch mittelgroßen Stromproduzenten wie regionale oder lokale Stadtwerke die Rolle des Stromgrundversorgers ein, der den Großteil der Haushaltskunden vor Ort mit Energie beliefert. Hinzu kommt, dass die Energieversorger den Netzbetreibern täglich den prognostizierten Stromverbrauch melden müssen.
- Netzbetreiber: Damit die innerdeutsche Energieverteilung verlässlich und reibungslos funktioniert, gibt es die Netzbetreiber. Ihre Aufgabe auf dem Energiemarkt ist es, sicherzustellen, dass die Netze stabil sind und der erzeugte Strom die Verbraucher erreicht.
- Verbraucher: Zur Gruppe der Verbraucher gehört jedes Unternehmen, jede Institution und jede Privatperson, die auf irgendeine Weise Strom zum Verbrauch bezieht. Ihre Nachfrage reguliert den Strommarkt maßgeblich.
- Staat: Im Zusammenspielt der ganzen Akteure auf dem Strommarkt hat der Staat die Aufgabe, Energietransport und -verteilung zu regulieren. Aus seiner Tätigkeit heraus ergeben sich Steuern, staatliche Abgaben und Umlagen sowie die sogenannten Netzentgelte, die einen wesentlichen Teil des Energiepreises ausmachen.
Der Energiemarkt und seine Aufgaben
Zum Energiemarkt gehören eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Lieferketten. Einige davon unterliegen dem freien Wettbewerb, andere müssen sich diesem nicht fügen. Zwei der wichtigsten Energiemärkte sind der Strom- sowie der Gasmarkt. Ihre Aufgabe ist es, die Versorgung der Verbraucher mit thermischer und elektrischer Energie zu regeln. Das beinhaltet neben der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit auch den Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Dabei ist der Energiemarktes sowohl für die Beschaffung von fossilen und erneuerbaren Energieträgern als auch für Energieerzeugung, Handel, Transport und Vertrieb zuständig.
Status quo: Das passiert aktuell auf dem Energiemarkt
Die Liberalisierung war die erste große Neuausrichtung auf dem Energiemarkt. Heute, mehr als zwanzig Jahre später, ist die nächste Trendwende im Gange. Neben der Angst um eine instabile Versorgungssicherheit, die der Ukraine-Krieg mit sich gebracht hat, ist der Klimawandel das Hauptthema, das den Energiemarkt und seine Akteure beschäftigt. Fossile Energieträger sind nicht mehr zukunftsfähig, alternative Energiequellen müssen her. Denn der Ausstieg aus Atomkraft, Stein- und Braunkohle ist beschlossen.
Etwas mehr als 42 Prozent des deutschen Strombedarfs ließen sich 2019 schon durch alternative Energiekonzepte aus erneuerbaren Quellen decken. Was einen Aufwärtstrend vermuten ließ, zeigt sich zwei Jahre später als Trugschluss. Anstatt, dass Strom aus Kohle- und Atomkraft weiter sinken würde, stieg die Nutzung fossiler Energieträger wieder an. Der Anteil erneuerbarer Energien hingegen sank auf 41,1 Prozent. Denn den gesamtdeutschen Strombedarf von etwa 418 626 GWh können die erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne (noch) nicht allein decken. Für den Energiemarkt bedeutet das: Es braucht neue Ideen.
Grund für den sinkenden Anteil erneuerbarer Energiekonzepte am gesamtdeutschen Energienmix ist dabei vor allem die Volatilität von Wind- und Sonnenenergie. Beide sind extrem wetterabhängig und damit in ihrer Energiegewinnung maximal schwankend. Für eine sichere Energieversorgung ist das kontraproduktiv. Das bedeutet: Wind und Sonne brauchen eine starke Ergänzung, die ihre Schwankungen ausgleichen kann und Deutschland nicht gleichzeitig abhängig von anderen Ländern macht. Wieder vermehrt auf Kohle und Atomenergie zu bauen, ist jedoch keine Alternative – zumindest nicht, wenn die Klimawende weiterhin das gesetzte Ziel ist.
Erneuerbar vs. fossil – die großen Preisbremse-Herausforderungen
Eine weitere Herausforderung: die aktuellen Diskussionen um Preisbremsen verschiedenster Art. Strom, Gas, Wärme – sie alle sollen ab März 2023 (sowie rückwirkend für die Monate Januar und Februar) hinsichtlich ihres Preises gedeckelt werden. Für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bedeutet das, dass 80 Prozent ihres Erdgasverbrauchs mit 12 Cent/kWh gedeckelt werden, was gleichzeitig einen Rabatt zum regulären Marktpreis bedeutet. Für große und Industrieunternehmen gilt eine Deckelung von 70 Prozent zu 7 Cent/kWh (Erdgas) bzw. zu 7,5 Cent/kWh (Wärme). KMU können mit einer Wärmepreisbremse von 9,5 Cent/kWh für Fernwärme rechnen. Zudem soll es für private Haushalte und kleine Betriebe eine Deckelung des Strompreises von 40 Cent/kWh sowie von 13 Cent/kWh für mittlere und große Unternehmen geben.
Was auf den ersten Blick gut klingt, ist jedoch nicht für alle Sektoren eine Erleichterung. Denn geht es um die Finanzierung der Preisbremsen ist das Stichwort der Stunde: Erlösabschöpfung. Was anfangs wie das Aus der Bioenergiebranche diskutiert wurde, ist nun mit reichlich Ausnahmeregelungen im letzten Moment doch noch gemildert worden. Dennoch bleibt das Vertrauen der Branche gegenüber dem Gesetzgeber erstmal angeschlagen. In Zeiten von dringend notwendigen Investitionen in unsere Energiewende, nicht die beste Ausgangslage.
Die Erlösabschöpfung mit den Ausnahmeregelungen für Biogas im Überblick:
- Abgeschöpft wird ab 18 Cent / kWh
- 9 Cent / kWh Sicherheitsmarge für Biogas
- Ausgenommen sind Anlagen unter 1 MW Bemessungsleistung
Ein wichtiger Nebeneffekt, den diese breite Diskussion mit sich bringt ist, die deutlich gewachsene Aufmerksamkeit für Biogas mit BHKW zur Strom- und Wärmeerzeugung. Flexible Biogas-Speicherkraftwerke können eine essenzielle Rolle im Strommarkt einnehmen.
Biomasse statt Massen von Kohle
Auch wenn das Aus der Bioenergiebranche abgewendet wurde und das Vertrauen angeschlagen ist, kann die breite Aufmerksamkeit als Chance gesehen werden. Gleichzeitig steht schon lange fest, dass die Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern Gift für das Klima ist und dass es dringend alternative Energiequellen braucht. Denn der Bedarf der Bevölkerung an Energie steigt stetig. Für viele Akteure auf dem Energiemarkt ist das eine echte Herausforderung. Auf der einen Seite sollen sie Kohle und Gas meiden, auf der anderen Seite sind sie dafür verantwortlich, dass die Verbraucher mit Strom und Wärme versorgt sind.
Aussichtslos ist die Situation jedoch nicht. Denn es gibt genügend Alternativen, die sich als optimale Ergänzung zu Sonne und Wind eignen. Zunehmend wichtiger werden in diesem Zusammenhang Energiekonzepte, die Strom und Wärme aus Biomasse, Biogas und mittels Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) produzieren. Eine weitere Option zur Energiesicherung bietet die Sektorenkopplung durch Power-to-X. Dieses Konzept bietet die Chance, überschüssig produzierte Wind- und Sonnenenergie zu speichern. Für die Wärmebereitstellung sollen ab 2024 pro Jahr 500.000 neue Wärmepumpen installiert werden. Neben der energetischen Sanierung soll dies die Wärmewende deutlich vorantreiben. Worauf es jetzt ankommt, ist, die Chance der Alternativen nicht nur zu sehen, sondern auch zu ergreifen – für einen stabilen Energiemarkt der Zukunft.