Wächst ein Wohngebiet oder wird es mit einem zweiten zusammengeschlossen, wächst auch der Bedarf an Energie. Was im ersten Moment nicht nach einer Herausforderung klingt, kann jedoch in Zeiten von Klimawandel und Umweltschutz schnell zu einer werden. So hat der Gesetzgeber neben dem Ausstieg aus der Atomkraft jüngst den Ausstieg aus der Kohle beschlossen. Das heißt: Alternativen müssen her. Eine dieser alternativen Möglichkeiten zur Energieerzeugung und -bereitstellung bieten Blockheizkraftwerke (BHKW). Hier sorgen effiziente BHKW-Module dafür, dass auch wachsende Wohngebiete immer über genügend Wärme verfügen.
Wie das in der Praxis funktioniert, zeigt das Wohngebiet „Grünäcker“ im baden-württembergischen Sindelfingen. Seit seiner Erschließung im Jahr 1995 wächst es stetig und mit ihm auch der Bedarf an Wärme. Um die Erzeugung und Bereitstellung derselben so ökologisch wie möglich anzugehen, setzen die Stadtwerke Sindelfingen auf den Ausbau der KWK mittels effizienter BHKW-Module in einer eigens für das Wohngebiet erbauten Energiezentrale.
Wärme aus einer effizienten Energiezentrale
Zwei BHKW-Module mit einer Leistung von 527 kWel bzw. 999 kWel sowie zwei Spitzenlast-Heizkessel mit jeweils 2.200 kW sorgen in der Energiezentrale des Wohngebietes dafür, dass dieses immer über ausreichend Wärme verfügt. Gestützt wird die ausreichende Wärmeversorgung durch die Abwärmeauskopplung mittels Abwärmetauscher einer Druckerei aus dem angrenzenden Gewerbegebiet. Dabei wird die Abwärme, die aus den Trocknern der Druckmaschinen entsteht, für das Fernwärmenetz des Wohngebietes nutzbar gemacht. Zudem werden die BHKW-Module wärmeorientiert gefahren, da ein möglichst hoher Anteil an Wärme aus der KWK für das Netz erforderlich ist. So sorgt eine hocheffiziente Technologie dafür, dass ein stetig wachsendes Wohngebiet zu jeder Zeit mit genügend Wärme versorgt ist.
Die Evolution der Wärmeversorgung im Wohngebiet „Grünäcker“
Was heute der Status Quo ist, sah vor gut 20 Jahren, das heißt mit Erschließung des Wohngebietes, noch ganz anders aus. Damals sorgten zwei Jenbacher-BHKW-Motoren mit einer Leistung von jeweils 346 kWel für die Bereitstellung der Wärme. Sie waren das Herzstück der Energiezentrale und versorgten alle bis dato errichteten Wohnhäuser – mit Unterstützung zweier Spitzenlast-Heizkessel mit jeweils 2.200 kW. Doch das sollte nicht lange ausreichen.
Mit der nächsten Ausbaustufe des Wohngebietes erhöhte sich auch der Bedarf an Energie bzw. Wärme. Die Lösung war, das Fernwärmenetz über das Wohngebiet hinaus auf das angrenzende Gewerbegebiet zu erweitern und die Druckerei in die Wärmeerzeugung einzubinden. Damit standen weitere Leistungen von bis zu 1.200 kW für die Bewohner des „Grünäcker“-Gebietes bereit. Ein Modell, das andere Gewerbetreibende schnell überzeugte. So wurden sie ebenfalls an das Fernwärmenetz angeschlossen.
Zudem wurden das an „Grünäcker“ angrenzende Wohngebiet „Allmendäcker I“ und sein Wärmeinselnetz an das Fernwärmenetz „Grünäcker“ angesiedelt. Dies führte zu einer weiteren Steigerung des Wärmebedarfs.
KWK und Spitzenlast-Heizkessel als wirkungsvolle Lösung
Um den Bedarf an Wärme weiterhin decken zu können, setzen die Stadtwerke Sindelfingen auf den Ausbau der KWK. Gemeinsam mit der Druckerei entwickelten sie ein Pachtmodell für ein BHKW-Modul zur Eigenstromversorgung. Hierbei sorgte ein Motor mit einer Leistung von 1.165 kWel für eine ausreichende Stromversorgung der Druckerei. Die Stadtwerke konnten die entstehende Wärme nutzen, um das Fernwärmenetz von „Grünäcker“ weiter ökologisch zu versorgen.
2016 integrierte man zur Abdeckung der Winterspitze und zur Erhaltung der Vertauschungssicherheit einen weiteren Spitzenlast-Heizkessel mit 5.200 kW. Nun machte man 2017 den nächsten Schritt in Richtung ökologische Wärmeerzeugung. Einer der ursprünglich installierten Motoren wurde durch ein effizientes BHKW-Modul mit einer Leistung von 527 kWel ersetzt. In diesem Zusammenhang wurde zudem ein zusätzlicher Abgaswärmetauscher installiert. Dieser stockt die eigentliche thermische Leistung von 678 kW auf 712 kW auf und senkt die Abgastemperatur von 110°C auf 70°C. Ein weiterer Vorteil: Der Spitzenlast-Heizkessel lässt sich bivalent befeuern. So kann die gesamte erforderliche Spitzenleistung der Wärme im Winter gegebenenfalls über Heizöl zur Gasoptimierung des eigenen Gasnetzes der Stadtwerke Sindelfingen abgedeckt werden.
Neue Technologien für das nochmals erweiterte Wohngebiet
2018 folgte eine erneute Erweiterung des Wohngebiets. Um den gleichzeitig gestiegenen Bedarf an Wärme weiter decken zu können, setzen die Stadtwerke Sindelfingen auf neue, noch effizientere Technologien. So wurde der zweite, 1995 installierte Gasmotor, der mit insgesamt 84.000 Betriebsstunden seine maximale Lebensdauer erreicht hatte, durch einen neuen Gasmotor mit 999 kWel ersetzt. Dieser hat einen elektrischen Wirkungsgrad von 40,2 Prozent und einen thermischen Wirkungsgrad von 53,7 Prozent. Dadurch lässt sich ein Gesamtwirkungsgrad von fast 94 Prozent erreichen. Zudem sorgen 20 Zylinder mit jeweils 48,67 Litern Hubraum dafür, dass der Viertakter des Motors rund und zuverlässig läuft.
Um eine größere thermische Leistung zu erreichen, stattete man das „Grünäcker“-BHKW zudem mit einem zweiten Abgaswärmetauscher aus. So konnte die thermische Leistung auf 1.335 kW anwachsen. Gleichzeitig hat der Austausch des BHKW-Moduls die Möglichkeit eröffnet, die gesamte Mittelspannungsanlage der Energiezentrale zu ertüchtigen. Die Folge: Der Generator des neuen BHKW liefert den Strom mit 10 Kilovolt auf den Trafo. Dort wird er in umgewandelter Form in ein 20-Kilovolt-Netz eingespeist. Um die Schallemissionsgrenzwerte von 40 Dezibel einhalten zu können, hat man die unmittelbar an den Maschinenraum angrenzenden Wände durch eine vorgehängte Fassade schallschutztechnisch optimiert.
Die Zukunft zeigt in Richtung weitere Optimierung
Die bisherigen Modernisierungen und Erweiterungen in der Wohnsiedlung „Grünäcker“ sind bereits beeindruckend – doch man möchte noch weiter investieren und optimieren. So soll das Speichervolumen für Wärme zukünftig erhöht werden, um die BHKW-Module noch effizienter einsetzen zu können. Im Endausbau werden dann rund 70 Prozent der Wärme durch die beiden BHKW, 20 Prozent durch die Heizkessel sowie 10 Prozent durch die Abwärmenutzung der Druckerei erzeugt. Damit ist die Wohnsiedlung „Grünäcker“ auch in Zukunft ein herausragendes Beispiel für eine ökologische Wärmeerzeugung durch effiziente BHKW-Module.