Seit mehr als 20 Jahren war er geplant, jetzt ist er vollendet – der Atomausstieg in Deutschland. 2023 sind im April die drei letzten Atomkraftwerke vom Netz gegangen. Auch wenn Kernenergie am Ende nur etwa sechs Prozent des deutschen Strommixes ausgemacht hat, so bleibt der Atomausstieg nicht ohne Folgen für Energiebranche und Verbraucher.

Wie der Atomausstieg insbesondere in den letzten Jahren fortgeschritten ist, inwieweit es Auswirkungen auf die Energieversorgung gibt und wie BHKW und KWK helfen können, um die Energiesicherheit aufrecht zu erhalten, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Atomausstieg in Deutschland: Das sind die Auswirkungen auf die Energieversorgung
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Rückblick: Das ist in den letzten Jahren rund um den Atomausstieg passiert

Schon im Jahr 2002 gab es in Deutschland eine Tendenz in Richtung Atomausstieg: Mit einer Änderung im Atomgesetz wurde damals beschlossen, dass Atomkraftwerke auf eine Laufzeit von 32 Jahren begrenzt und keine Neubauten mehr erlaubt wurden. Grund dafür war vor allem die Problematik der Endlagerung der hochradioaktiven Abfälle und die damit verbundenen Umweltbelastungen. Ein Atomausstieg zu einem klar definierten Zeitpunkt stand mit diesem Atomgesetz jedoch nicht fest. So kam mit der neuen Regierung 2010 auch ein neues Energiekonzept, das zwar perspektivisch einen Atomausstieg sah, Kernkraft jedoch gleichzeitig weiter als notwendige Brückentechnologie zur Sicherung der Energieversorgung definierte. Denn die erneuerbaren Energiekonzepte, die es bis dato gab, waren noch nicht ausgereift genug.

Die Kehrtwende kam im Jahr 2011. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima war damals der Auslöser für eine gesellschaftspolitische Debatte, die keine Alternative zum Atomausstieg sah. Und so fiel der Entschluss der Bundesregierung für einen Kernkraftausstieg vergleichsweise schnell. Als ersten Schritt ordnete sie dafür einen sogenannten Stresstest an, um alle am Netz befindlichen Atomkraftwerke hinsichtlich ihrer Sicherheit und Robustheit zu überprüfen.

Kurz danach begann der Atomausstieg in Deutschland mit der Abschaltung aller Kraftwerke, die bis einschließlich 1980 den Betrieb aufgenommen hatten. Damit gingen insgesamt sieben Kraftwerke vom Netz. Die Atomkraftwerke Biblis A und Biblis B, Brunsbüttel, Isar 1, Neckarwestheim 1, Unterweser und Philippsburg 1 bildeten den Start des Kernkraftausstiegs. Die Abschaltung sechs weiterer Atomkraftwerke in den Jahren von 2015 bis 2021 folgten.

Status quo: Wo steht Deutschland aktuell beim Atomausstieg?

Isar 2, Neckarwestland 2 und Emsland waren die drei verbliebenen Atomkraftwerke, mit deren Abschaltung der Kernkraftausstieg bis zum Ende des Jahres 2022 abgeschlossen sein sollte. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine kamen jedoch Zweifel an der Energiesicherheit in Deutschland auf, da ein Großteil des importierten Erdgases zur Energiegewinnung aus Russland bezogen wurde. Um Versorgungsengpässe im Energiesektor zu vermeiden und die mit dem Angriffskrieg entstandenen Energiekrise zumindest ein bisschen aufzufangen, wurde der finale Schritt zum Atomausstieg noch einmal verschoben.

So konnten die drei bisher noch verbliebenen Atomkraftwerke bis Mitte April 2023 am Netz bleiben und weiterhin zur Energieversorgung dienen. Am 15. April 2023 erfolgten dann ihre Abschaltung und das Ende der Produktion von Kernenergie. Damit ist der Atomausstieg vollendet und 62 Jahre Atomenergie sind Geschichte.

Das sind die Folgen und Auswirkungen des Kernkraftausstiegs

Bis zum finalen Tag des vollständigen Atomausstiegs lag der Anteil der Kernenergie am gesamten innerdeutschen Strommix bei etwa sechs Prozent. Der Anteil von Stein- und Braunkohle zusammen lag bei 31,3 Prozent, Erdgas bei 13,8 Prozent. Mit 44 Prozent hatten erneuerbare Energien zu dem Zeitpunkt den größten Anteil am deutschen Strommix.

Die Sorge, dass die Sicherheit der Energieversorgung durch den Atomausstieg gefährdet sein könnte, hat sich seitdem laut Experten nicht bestätigt. So ließen sich die bisher durch Kernkraft gedeckten sechs Prozent gut durch andere Energieträger auffangen. Allen voran steht hierbei die Energiegewinnung durch Wind- und Sonnenkraft, die nach wie vor zu den stärksten erneuerbaren Energiekonzepten gehören.

Das zukünftige Energiesystem

Mit dem bevorstehenden Kohleausstieg in Deutschland steht die Energiewende vor einer weiteren entscheidenden Phase, um eine nachhaltige und klimafreundliche Energieversorgung zu gewährleisten. In diesem Kontext hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 1. August 2023 eine wegweisende nationale Kraftwerksstrategie vorgestellt. Das Hauptziel dieser Strategie besteht darin, den Kohleausstieg zu beschleunigen und gleichzeitig eine solide Grundlage für die Dekarbonisierung des Stromsektors zu schaffen.

Ein wichtiger Aspekt der Kraftwerksstrategie ist der Umstieg auf Wasserstoff als Brennstoff. Gemeinsam mit der Europäischen Kommission wurde ein ambitionierter Plan entwickelt, um den deutschen Kraftwerkspark auf Wasserstoff umzubauen. Dies beinhaltet die Ausschreibung von 8,8 Gigawatt an neuen Wasserstoffkraftwerken von Beginn an und weitere 15 Gigawatt bis 2035, die vorübergehend mit Erdgas betrieben werden können, bis sie vollständig an das Wasserstoffnetz angeschlossen sind.

Auch die Nutzung von Biogas und Biomethan findet in der Kraftwerksstrategie Berücksichtigung. Auch Aufgrund der Forderungen des Fachverbandes Biogas und des Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB) sollen 6 GW neue Kraftwerke im Bereich Biomasse zugebaut werden, wovon 3 GW auf Biomethan entfallen.

Die nationale Kraftwerksstrategie ist ein großer Erfolg und zeigt die Entschlossenheit Deutschlands, die Energiewende weiter voranzutreiben und die Energieversorgung nachhaltig zu gestalten. Sie schafft eine klare Perspektive für den Umstieg von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare und klimafreundliche Alternativen. Im Einklang mit den globalen Klimazielen wird Deutschland damit zu einem Vorreiter im Bereich der grünen Energieerzeugung.

In diesem Zusammenhang weist die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) als bewährte Technologie ebenfalls ein großes Potential auf. Die KWK kann dazu beitragen, die Energieeffizienz weiter zu steigern und den Ausbau erneuerbarer Energien zu unterstützen. Die Kraftwerksstrategie eröffnet somit auch für die KWK neue Möglichkeiten, ihre Potenziale auszuspielen und einen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende zu leisten.

Mit vereinten Anstrengungen und klaren Zielen wird Deutschland einen nachhaltigen und grünen Weg in die Zukunft der Energieversorgung einschlagen und somit einen wichtigen Beitrag zum globalen Klimaschutz leisten.