Versorgungssicherheit gehört zu den Kernthemen der Gegenwart. Wie lässt sie sich sicherstellen? Wer übernimmt die Rolle von Kohle und Atomkraft? Und welchen Beitrag können erneuerbare Energiekonzepte leisten? Das sind Fragen, die eng mit der Versorgungssicherheit verknüpft sind. Während einerseits viele Diskussionen über die Antworten stattfinden, gibt es andererseits Bereiche, in denen direkt gehandelt wird – zum Beispiel in der Stadt Ulm. Hier setzt die Fernwärme Ulm GmbH (FUG) auf Kraft-Wärme-Kopplung, um eine sichere Energieversorgung für rund die Hälfte aller Ulmer Haushalte zu gewährleisten.
Kraft-Wärme-Kopplung – was ist das überhaupt?
Das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung, kurz KWK, ist schnell erklärt. KWK ist ein energietechnisches System, das in einer Kraftmaschine gekoppelt ist und dabei Strom oder mechanische Energie und Wärme bereitstellt. KWK ist also die Gewinnung von thermischer und elektrischer Energie zur gleichen Zeit in einem Kraftwerk. Dieses Kraftwerk kann zum Beispiel ein BHKW sein. KWK setzt dabei auf eine dezentrale Nutzung der Elektrizität und der Wärme, die das BHKW bereitstellt. Die parallel zur Stromerzeugung produzierte Wärme lässt sich optimal zur Beheizung und Warmwasserbereitung nutzen.
Der große Vorteil der KWK liegt darin, dass das Konzept im Vergleich zu einer konventionellen Energieerzeugung in einem Kraftwerk ohne Wärmenutzung den Energieeinsatz und die Kohlendioxid-Emissionen extrem reduziert – eine umweltfreundliche und klimaschonende Alternative, die auch die Fernwärme Ulm GmbH für sich entdeckt hat.
Fernwärme Ulm GmbH – Ein verlässlicher Versorger mit zukunftsweisenden Ideen
Wie ihr Name bereits vermuten lässt, versorgt die Fernwärme Ulm GmbH (FUG) die Stadt Ulm mit Fernwärme – und das schon seit 1950. Neben Betrieb, Instandhaltung und Optimierung ihrer Erzeugungs- und Verteilungsanlagen gehören auch die Primärenergiebeschaffung sowie der Energiehandel zu den Aufgabenbereichen der FUG.
Hinzu kommt die Organisation und Koordination des Fernwärmenetzes, da nicht nur die FUG in Ulm selbst in dieses einspeist, sondern auch Dritte. Zum Beispiel ein Müllheizkraftwerk im Donautal, das die FUG ebenfalls betreibt, sowie mehrere Biogasanlagen. In der Summe liefert der Energieversorger Strom und Wärme an gut 50 Prozent der Haushalte, Betriebe und Unternehmen in Ulm – und das mit höchster Qualität, klimaschonend und CO2-neutral.
Doch wie kann eine solche gesicherte Energieversorgung für zehntausende von Verbrauchern so verlässlich funktionieren? Die Antwort der FUG lautet: mit einem innovativen Versorgungskonzept, das sich auf effiziente Energiequellen gründet. Ökologie, Qualität, Kundenorientierung und Sicherheit sind dabei die vier Säulen, auf denen die Unternehmensphilosophie der FUG beruht. Und diese setzt der Energieversorger ganz konsequent um durch…
- die stetige Steigerung des Anteils an regenerativen Energien im Brennstoffmix
- den kontinuierlichen Ausbau des Leitungsnetzes
- sowie eine qualitativ hochwertige und auf die Anforderungen des Marktes abgestimmte Leistungserfüllung zu gewährleisten.
Eine ganz zentrale Rolle spielt dabei das Heizkraftwerk Magirusstraße. Hier hat die Fernwärme Ulm GmbH, die den Trend und die Notwendigkeit einer umweltschonenden Erzeugung von Strom und Wärme früh erkannt hat, einen wichtigen Schritt mit Vorbild- und Vorreiterfunktion erfüllt: die Umsetzung von Kohleausstieg und Energietransformation mittels KWK.
Best Practice der Fernwärme Ulm: Nachhaltige Energiegewinnung mit KWK
Ein wichtiger, wenn nicht sogar mit der wichtigste Schritt bei der konsequenten Umsetzung der Dekarbonisierung war die Stilllegung von zwei Kohlekesseln am Heizkraftwerk Magirusstraße. Diese wurden bereits 2012 durch ein Biomasse-Heizkraftwerk ersetzt. Seitdem bestand das Heizkraftwerk aus zwei Gas-/Ölkesseln, zwei holzbefeuerten Biomassekesseln sowie aus einem Kohlekessel. Letzterer wurde 2022 durch zwei INNIO Jenbacher Blockheizkraftwerke ersetzt, die auf dem nun nicht mehr benötigten Kohlelagerplatz aufgestellt wurden.
Als größter verfügbarer Jenbacher Motor ist hier ein J920 FleXtra verbaut, der mit 48,8 Prozent den höchsten elektrischen Wirkungsgrad aller Jenbacher Motoren besitzt. Durch die Kraft-Wärme-Kopplung und die Nutzung der Wärme lässt sich der Gesamtwirkungsgrad auf über 90 Prozent beziffern – ein großer Vorteil für den Anspruch einer effizienten und verlässlichen Energiebereitstellung der FUG.
Hinzu kommt eine signifikante CO2-Emissionsreduktion. Bereits seit Anfang der 1990er-Jahre setzt die FUG auf den kontinuierlichen Umbau ihres Erzeugungsparks und konnte ihre Emissionswerte dabei schon um gut 80 Prozent verringern. Die Installation der beiden Jenbacher BHKW ist damit ein wesentlicher Bestandteil der Neuausrichtung hin zu einer zukunftsorientierten, nachhaltigen und sicheren Wärmeversorgung.
Die Funktionsweise des Heizkraftwerk Magirusstraße ist dabei denkbar einfach: Sämtliche Kessel des Heizkraftwerks erzeugen Dampf, der direkt in das bestehende Dampfnetz der FUG eingespeist wird und die drei hydraulisch getrennten Wärmnetze über Dampfumformstationen versorgt. Die Wärmeauskopplung aus den neuen Blockheizkraftwerken auf den Temperaturniveaus von 185°C für das Universitätsnetz und 110°C für die übrigen Stadtgebiete unterstützt dabei das langfristige Ziel, das städtische Dampfnetz durch das bereits existierende und kontinuierlich wachsende Heizwassernetz zu ersetzen.
Dank seiner technischen Eigenschaften bietet sich der J920 FleXtra in diesem Zusammenhang als ideale Kraft-Wärme-Kopplung an. Der Verzicht auf eine Niedertemperaturausbindung und die Vermeidung der damit verbundenen Wärmeverluste sorgen für eine signifikante Steigerung der Gesamtwirtschaftlichkeit des Projekts und tragen zur Maximierung des Gesamtwirkungsgrads bei.
Darum ist KWK ausgeführt als dezentrale BHKW so sinnvoll
Großkraftwerke, die nach dem Prinzip der KWK arbeiten, verlieren viel Energie bei der Übertragung über Fernwärmeleitungen und Hochspannungsleitungen. Anders ist es bei einer dezentralen Nutzung von BHKW, wie es im Heizkraftwerk Magirusstraße der Fall ist. Sie ermöglichen eine bestmögliche Effizienz in der Energieerzeugung sowie eine große Umweltentlastung. Besonders gewinnbringend ist die Nutzung dieser BHKW auch, wenn mehrere Anlagen dezentral über ein Versorgungsgebiet verteilt liegen. Denn dann lässt sich die Energie ganz bedarfsgerecht und passgenau genau dort erzeugen, wo sie gerade benötigt wird. Zudem können BHKW-Anlagen flexibel auf Volatilitäten reagieren: Ist der Energiebedarf hoch, können Sie flexibel und schnell reagieren und diesen Bedarf decken. Das macht die Kombination aus BHKW und KWK hocheffizient sowie netz- und systemdienlich.
Dass das auch in der Praxis funktioniert, zeigt das Heizkraftwerk Magirusstraße der Fernwärme Ulm GmbH mehr als deutlich. Denn die Vorteile, die der Abschied von Kohlekraft und der Weg hin zu einer Nutzung von KWK und Jenbacher J920 FleXtra mit sich bringen, liegen auf der Hand:
- verbesserte CO2-Bilanz dank höherer Energieeffizienz
- hohe Leistungsdichte bei geringen Investitionskosten
- optimierte Wärmeleistung durch Gesamtauskopplung der Motorwärme
- stabile Leistungsabgabe und zuverlässige Leistung in allen Situationen
- kurze Startzeit zur Netzstabilisierung und einfache Wartung
Mit dem Austausch des letzten Kohlekessels vollzieht die FUG 2022 ihren Kohleausstieg also endgültig und zeigt, dass eine nachhaltig, sichere, effiziente und umweltverträgliche Fernwärmeversorgung keine Zukunftsmusik ist, sondern schon heute funktionieren kann. Alles, worauf es ankommt, ist Mut zur Veränderung – und die richtige Technik.